Das Hochmoor Kaltenbronn – Ein Ökosystem in Not

Veröffentlicht am 15. Mai 2025 um 00:43

Die Moore auf dem Kaltenbronn sind in Gefahr – denn Klimawandel und historische Eingriffe setzen den sensiblen Ökosystemen zu. Besonders im Sommer leidet das Hochmoor unter Wassermangel – eine Entwicklung, die sowohl dem Rückgang an Niederschlägen als auch den tief in den Boden gegrabenen Entwässerungsgräben aus dem 18. und 19. Jahrhundert geschuldet ist.

Ökosystem kämpft ums Überleben

Das Hochmoor auf dem Kaltenbronn, mitten im Herzen des Nördlichen Schwarzwalds, kämpft als einzigartiges Ökosystem ums Überleben. Der lebenswichtige Wasserhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht – denn Klimawandel und historische Eingriffe setzen diesem besonderen Landschaftsraum massiv zu. Ausgebildete Moor-Guides öffnen die Augen und Herzen der Besucher für ein stilles Wunder, das mehr und mehr zu verschwinden droht.

Mit jedem trockenen Jahr stirbt das Moor ein Stück weiter. Und mit ihm ein kostbares Reservoir an Artenvielfalt, Klimaschutz und Landschaftsgeschichte.
„Wenn wir nichts tun, ist das Moor verloren“, sagt Renate Fischer, stellvertretende Leiterin des Infozentrums Kaltenbronn. Sie führt die erste Exkursionsgruppe durch das Schutzgebiet, erklärt ökologische Zusammenhänge und berichtet vom langen Atem, den das Projekt „LIFE MooReKa“ – Moorrevitalisierung Kaltenbronn-Hohlohmoor benötigt. Ziel ist es, das Moor durch gezielte Wiedervernässung widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen. Denn eines ist klar: Nur ein nasses Moor ist ein lebendiges Moor.

Einzigartiger Naturraum

Das Kaltenbronner Hochmoor ist ein einzigartiger Naturraum – und ein klimatischer Schatz. Ein einziger Hektar Moorboden speichert so viel Kohlenstoff wie sechs Hektar Wald. Doch über Jahrhunderte entstandene Lebensräume sind heute bedroht, weil sie auf einen Wasserhaushalt angewiesen sind, der aus dem Gleichgewicht geraten ist. Als reines Regenmoor hat das Gebiet keinen Anschluss an das Grundwasser – der See selbst hat einen pH-Wert von 3,5, „so sauer wie Essig“, wie Fischer erklärt. Fische leben hier keine, aber seltene Pflanzen und spezialisierte Insektenarten.

Die Ursache für die Austrocknung liegt tief: In früheren Jahrhunderten wurden kilometerlange Entwässerungsgräben von Hand gegraben, um Torf als Brennstoff zu gewinnen. Zwar erwies sich der wirtschaftliche Erfolg als kurzlebig, doch die Spuren im Moorboden blieben – und wirken bis heute. Noch immer entwässern diese Gräben das Gebiet, obwohl viele fast ausgetrocknet erscheinen. Deshalb ist es heute umso wichtiger, den Naturraum nicht sich selbst zu überlassen, sondern gezielt einzugreifen: Mit sogenannten Grabensperren soll das rückgängig gemacht werden, was in der Vergangenheit durch menschliche Eingriffe aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Das Projekt LIFE MooReKa

Hier setzt LIFE MooReKa an. Mit wissenschaftlicher Begleitung und viel Fingerspitzengefühl werden Methoden erprobt, um das Moor wieder mit Wasser zu versorgen. Noch sind keine Bagger im Einsatz, zunächst testen die Experten verschiedene Materialien – Holz, Kunststoff oder Stahl –, mit denen in Zukunft die Grabensperren errichtet werden sollen. Diese sollen helfen, das Wasser im Moor zu halten und so die Lebensbedingungen für Flora und Fauna zu verbessern.

„Es geht hier nicht um globale Klimarettung – das ist nicht unsere Dimension“, sagt Fischer. „Aber wir wollen diese kleine Fläche schützen, damit sie ihre Aufgabe weiter erfüllen kann: als Rückzugsraum, als Kohlenstoffspeicher und als Ort der Vielfalt.“

Das Projekt ist ein Gemeinschaftswerk – getragen von der Europäischen Union, dem Regierungspräsidium Karlsruhe, der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), ForstBW und dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Eine zentrale Rolle spielt das Infozentrum Kaltenbronn, das wertvolle Bildungsarbeit leistet.

Denn die Moore auf dem Kaltenbronn sind in Gefahr – und das Bewusstsein für ihre Rettung lässt in der Bevölkerung noch zu wünschen übrig. Genau deshalb sind die Führungen des Infozentrums Kaltenbronn so wichtig: Moorguides zeigen Besuchergruppen das besondere Ökosystem, vermitteln Zusammenhänge und machen die Bedrohung sichtbar. Die Exkursionen sind mehr als ein Spaziergang – sie sind eine Reise in ein fragiles Ökosystem, das ohne menschliche Hilfe keine Zukunft hätte.

Nimm nichts mit als deine Eindrücke und lasse nichts zurück als deine Fußspuren“, lautet ein Leitsatz, den Fischer ihren Gruppen mit auf den Weg gibt. Und doch weiß sie aus Erfahrung: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Bewusstsein in der Bevölkerung noch wachsen muss.“

Wer aber das Moor mit eigenen Augen sieht, seine Geschichte kennt und seine Stille erlebt, versteht schnell: Hier wird nicht nur Natur bewahrt – hier wird Zukunft gestaltet.